
Entwaldungsfreie Lieferketten im E Commerce – Anforderungen, Standards und Handlungsempfehlungen
Die zunehmende Abholzung tropischer und borealer Wälder ist eng mit dem globalen Handel von Rohstoffen wie Rindfleisch, Palmöl, Holz und Soja verbunden. Um die entwaldungsbedingten Treibhausgasemissionen zu verringern und die Biodiversität zu schützen, reguliert die Europäische Union künftig den Handel mit Waren, die zur Entwaldung beitragen. Onlinehändler, Marktplatzbetreiber und Marken, die Produkte aus diesen Rohstoffen handeln, sind direkt betroffen. Im folgenden Beitrag erläutern wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen, beschreibt betroffene Produktgruppen und gehen auf Anforderungen, Zertifizierungen sowie Herausforderungen ein. Erfahrt worauf ihr euch vorbereiten solltet und wie euch JTL-Wawi dabei unterstützt.
Was ist die EUDR (EU-Deforestation Regulation)?
Die EU‑Verordnung 2023/1115 (Deforestation Regulation) gilt ab 30. Dezember 2025 für große und mittlere Unternehmen sowie ab 30. Juni 2026 für kleinere Händler. Ziel ist es, dass Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, nicht mit Entwaldung nach dem 31. Dezember 2020 in Verbindung stehen. Die Verordnung erfasst Rohstoffe wie Rinder, Holz, Kakao, Soja, Palmöl, Kaffee und Kautschuk sowie daraus abgeleitete Produkte wie Leder, Schokolade, Reifen und Möbel.
Betroffene Unternehmen müssen für jede Charge eine Sorgfaltserklärung (Due‑Diligence‑Erklärung) abgeben. Diese bestätigt, dass das Produkt entwaldungsfrei ist, den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes entspricht und vollständig rückverfolgbar ist. Wer Produkte in der EU in Verkehr bringt oder exportiert, muss die geografischen Koordinaten der landwirtschaftlichen Parzelle kennen und eine Risikoanalyse durchführen. Für Produkte aus Ländern, die die EU als „geringes Risiko“ einstuft, gelten vereinfachte Anforderungen.

Produkte dürfen nur in die EU eingeführt oder exportiert werden, wenn sie entwaldungsfrei sind, rechtmäßig produziert wurden und eine Sorgfaltserklärung vorliegt. Die Verordnung sieht Sanktionen vor, darunter Geldbußen bis zu 4 Prozent des EU‑Umsatzes, Beschlagnahmung der Waren oder Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.
Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) ist aktuell der wichtigste Rechtsrahmen, der für viele von euch als Händler konkrete Pflichten mit sich bringt. Gleichzeitig solltet ihr im Blick behalten, dass es noch weitere Regelwerke gibt, die ähnlich auf Transparenz und Verantwortung in Lieferketten zielen:
Das LkSG verpflichtet seit 1. Januar 2024 Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten zu erfüllen. Dazu zählen die Einrichtung eines Risikomanagements, regelmäßige Risikoanalysen, Verabschiedung einer Grundsatzerklärung, Präventions‑ und Abhilfemaßnahmen sowie Beschwerdeverfahren und eine ausführliche Dokumentation. Das LkSG wird von der Bundesbehörde BAFA überwacht und kann bei Verstößen Bußgelder verhängen. Obwohl das Gesetz hauptsächlich auf Menschenrechte und Umwelt abzielt, überschneiden sich seine Sorgfaltspflichten mit den Anforderungen der EUDR.
Die EU verhandelt derzeit die Corporate‑Sustainability‑Due‑Diligence‑Directive (CSDDD). Die Richtlinie soll ab 2027 gelten und Unternehmen verpflichten, Menschenrechts‑ und Umweltrisiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu adressieren. Wahrscheinlich wird sie Unternehmen ab 500 Beschäftigten erfassen und die Pflichten der LkSG erweitern. Die CSDDD ist noch nicht final verabschiedet, doch Händler sollten ihre Risikomanagement‑Systeme darauf ausrichten.
Betroffene Produktgruppen
Die EUDR deckt sieben Rohstoffgruppen und viele abgeleitete Produkte ab. Für Händler sind insbesondere folgende Kategorien relevant:
Nicht alle abgeleiteten Produkte sind betroffen; beispielsweise Verpackungen, die ausschließlich dem Schutz dienen, fallen nicht unter die Verordnung.
Pflichten nach der EU-Entwaldungsverordnung
Nachverfolgbarkeit und Daten
Unternehmen müssen die exakten Geokoordinaten der landwirtschaftlichen Parzellen erfassen, von denen die Rohstoffe stammen. Diese Daten werden in eine digitale Plattform der EU eingegeben, über die eine Sorgfaltserklärung abgegeben wird. Diese enthält Informationen zur Produktkette, den Herkunftsländern, dem Ergebnis der Risikoanalyse und ggf. getroffenen Minderungsmaßnahmen. Händler müssen den eindeutigen Referenzcode der Erklärung in ihren Geschäftsunterlagen führen und an Kunden weitergeben; downstream‑Unternehmen dürfen nur noch Produkte mit gültiger Referenznummer erwerben.
Risikoanalyse und Sorgfaltspflicht
E‑Commerce‑Händler müssen prüfen, ob die von ihnen gehandelten Produkte mit Entwaldung oder Walddegradation verknüpft sind. Dies umfasst:
- Risikobewertung nach Land‑ und Lieferantenspezifischen Faktoren: das jeweilige Land wird von der EU einem Risiko‑Rating zugeordnet (niedrig, normal oder hoch). Länder mit geringem Risiko (z.B. EU‑Mitgliedstaaten) ermöglichen vereinfachte Due‑Diligence‑Verfahren, während bei hohem Risiko (z.B. Belarus, Russland) strenge Kontrollen notwendig sind.
- Minderungsmaßnahmen bei ermittelten Risiken, z.B. Satellitenüberwachung, unabhängige Audits vor Ort oder Lieferantenwechsel.
- Dokumentationspflichten: Alle Nachweise (Geodaten, Risikoanalysen, Lieferanteninformationen) musst du fünf Jahre lang speichern. Im LkSG sind ähnliche Dokumentations‑ und Berichtspflichten vorgesehen.
Unterschiede für Händlertypen
Die EUDR unterscheidet zwischen „Marktteilnehmern“ und „Händlern“. Marktteilnehmer sind Unternehmen, die relevante Produkte erstmals auf dem EU‑Markt bereitstellen oder exportieren; Händler beziehen diese Produkte und vertreiben sie weiter. Marktteilnehmer tragen die volle Sorgfaltspflicht. Händler müssen – je nach Unternehmensgröße – die Referenznummer der Sorgfaltserklärung prüfen und Käufer‑/Lieferanteninformationen fünf Jahre lang dokumentieren.

Relevante Zertifizierungen
Zertifizierungsprogramme können als Nachweis für nachhaltige Waldwirtschaft und legale Herkunft dienen, erfüllen jedoch nicht automatisch die EUDR‑Anforderungen. Onlinehändler sollten sie als Ergänzung nutzen:
FSC‑Zertifizierung kennzeichnet Papier‑, Holz‑ und andere Produkte, die aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammen. Der FSC arbeitet mit Online‑Marktplätzen wie dem Climate‑Pledge‑Friendly‑Programm von Amazon zusammen, sodass Kunden FSC‑zertifizierte Produkte leicht finden.
PEFC unterstützt die EUDR und hat ein spezielles EUDR‑Due‑Diligence‑System (DDS) entwickelt, das Chain‑of‑Custody‑Unternehmen bei der Erfüllung der EUDR‑Anforderungen unterstützt. Die PEFC‑Standards decken Umwelt‑, Sozial‑ und wirtschaftliche Aspekte ab und berücksichtigen legale Herkunft und Entwaldungsfreiheit.
Herausforderungen und Handlungsempfehlungen für Onlinehändler
Komplexität der Lieferketten
Viele Marken und Marktplätze beziehen ihre Ware indirekt über Händler, Großhändler und Logistikdienstleister. Die benötigten Geodaten und Lieferanteninformationen liegen oft nicht vor. Daher solltet ihr auf folgendes achten:
- Kartierung der Lieferanten: Alle Zulieferer, Zutaten und Produktionsstätten identifizieren und kategorisieren. Nach Möglichkeit eng mit Herstellern zusammenarbeiten und Lieferantenverträge um die EUDR‑Pflichten erweitern.
- Datenlücken schließen: Traceability‑Tools einsetzen, um Geodaten zu erfassen; GPS‑Koordinaten von Farmen und Plantagen via Satellit oder direkt vom Erzeuger anfordern.
- Pilotprojekte: Mit einzelnen Produkten oder Warengruppen beginnen, um Prozesse und IT‑Systeme anzupassen.
Wettbewerb und Reputation
Unternehmen, die frühzeitig transparente, entwaldungsfreie Produkte anbieten, können sich positiv differenzieren. Zertifizierungen wie FSC oder PEFC und Teilnahme an Initiativen wie Amazons Climate Pledge Friendly schaffen Sichtbarkeit.
EUDR Compliance und Umsetzung mit JTL-Wawi, JTL-WMS und JTL-Plan&Produce
Während manche Unternehmen zusätzlich spezialisierte Tracing- und Due-Diligence-Tools einsetzen, könnt ihr mit JTL-Wawi alle Kernanforderungen der EUDR direkt umsetzen – von der Erfassung der Referenznummern bis zur lückenlosen Rückverfolgbarkeit im Versand.
Mit JTL-Wawi habt ihr eine praxisnahe Lösung an der Hand, um die Anforderungen der EUDR effizient zu erfüllen:
- Chargenverwaltung: Beim Wareneingang kann die vom Lieferanten bereitgestellte EUDR-Referenznummer als Chargennummer erfasst werden.
- Lagerverknüpfung: Jede Charge ist fest mit dem Lagerbestand verbunden, sodass keine Daten verloren gehen.
- Nachvollziehbarer Versand: Beim Versand wird automatisch die passende Charge zugeordnet. Damit ist lückenlos dokumentiert, welcher Kunde welche Referenznummer erhalten hat.
- Belegdruck-Funktion: Referenznummern können auf Lieferscheinen ausgegeben und direkt an die nächste Stufe der Lieferkette weitergegeben werden.
Auch innerhalb des eigenen Lagers spielt Nachverfolgbarkeit eine zentrale Rolle: Mit JTL-WMS könnt ihr Chargennummern standortgenau verwalten und jederzeit nachvollziehen, wo sich welche Charge aktuell befindet. So bleibt die Rückverfolgbarkeit nicht nur nach außen, sondern auch im Lagerprozess selbst gewährleistet.
Darüber hinaus betrifft die EUDR auch Händler, die selbst produzieren oder Materialien verarbeiten – etwa bei der Fertigung von Lebensmitteln, die bspw. Kakao enthalten. In JTL-Plan&Produce* wird jedem Produktionsartikel nach Abschluss der Fertigung eine eigene Charge zugewiesen. Gleichzeitig können alle verarbeiteten Produktionskomponenten – etwa verschiedene Holzarten – über ihre individuellen Chargen im Nachgang nachverfolgt werden.
Beispiel: Wenn ihr für die Beine eines Stuhls besonderes Holz verwendet, hat jedes dieser Bauteile eine eigene Charge, die ihr später über eure Produktionssitzungen einsehen könnt.
Ergebnis: Mit der Kombination aus JTL-Wawi, JTL-WMS und JTL-Plan&Produce* schaffen Händler und Produzenten eine vollständige Rückverfolgbarkeit – vom Wareneingang über die Lagerverwaltung bis zur Produktion und Auslieferung. So erfüllt ihr die gesetzlichen Dokumentationspflichten der EUDR zuverlässig und seid optimal auf behördliche Kontrollen vorbereitet.
*ab 01.12.2025
Zukunftsausblick und Vorbereitung
Bis spätestens Ende 2025 müssen Onlinehändler Produkte aus betroffenen Rohstoffen lückenlos rückverfolgen und sicherstellen, dass diese entwaldungsfrei und gesetzeskonform erzeugt wurden. Der Katalog betroffener Rohstoffe kann erweitert werden. Gleichzeitig stehen weitere Regelwerke an: die EU‑CSDDD wird umfassendere Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz entlang der gesamten Wertschöpfungskette bringen.
Händler sollten folgende Schritte einleiten:
Fazit
Die EU‑Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten markiert einen Paradigmenwechsel für den Handel mit Rohstoffen, die die globale Entwaldung vorantreiben. Für Onlinehändler bedeutet dies erhebliche Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, Risikoanalyse und Dokumentation. Zertifizierungen wie FSC und PEFC sowie spezialisierte Traceability‑Tools können die Umsetzung erleichtern. Unternehmen, die jetzt handeln, minimieren nicht nur Haftungsrisiken, sondern positionieren sich als Vorreiter für nachhaltigen E‑Commerce und profitieren von der steigenden Nachfrage nach umweltverträglichen Produkten.
Die Verordnung betrifft alle Unternehmen, die betroffene Rohstoffe (z.B. Holz, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja, Kautschuk oder Rinder) oder daraus hergestellte Produkte in der EU in Verkehr bringen oder exportieren – also auch Onlinehändler, die solche Waren verkaufen.
Für große und mittlere Unternehmen gilt die Verordnung ab 30. Dezember 2025, für kleine und Kleinstunternehmen ab 30. Juni 2026.
Händler müssen eine Sorgfaltserklärung (Due-Diligence-Erklärung) abgeben, die bestätigt, dass ihre Produkte entwaldungsfrei und rechtmäßig hergestellt wurden. Dazu gehört auch, die geografischen Koordinaten der Produktionsflächen zu kennen.
Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 4 % des EU-Umsatzes, der Beschlagnahmung von Waren oder dem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen geahndet werden.
Mit der Chargenverwaltung in JTL-Wawi könnt ihr EUDR-Referenznummern beim Wareneingang erfassen, mit Lagerbeständen verknüpfen und beim Versand nachverfolgen. Über die Belegdruck-Funktion lassen sich die Nummern zudem automatisch auf Lieferscheinen ausgeben.
Nicht zwingend. Während manche Unternehmen zusätzliche digitale Tools nutzen, decken JTL-Wawi, JTL-WMS und JTL-Plan&Produce bereits alle wesentlichen Anforderungen der EUDR für den Handel und die Produktion ab.
Quellen:
ihk-muenchen.de
ihk-bonn.de
ihk.de
bmas.de
environment.ec.europa.eu
wko.at
fsc.org
pefc.org